Danny Wente

Wie alles begann... 04.10.2013

Mein Facebookeintrag vom 4.10.2013 fasst alles zusammen.

Da frag ich mich doch, was sich das Leben dabei denkt, wenn ich all Eure Geschichten lese! So viel Mut und Tapferkeit, Kampfgeist und Wille... toll.

Im Februar 2010 kam ich mit Darmverschluss und drei großen Magengeschwüren ins KH (da war ich 46) bzw. habe mich dort selber eingewiesen, konnte gerade noch mit dem Auto auf den Parkplatz fahren, bin rein und im Foyer meinem behandelnden Arzt (ich bin Magenbandpatientin) einfach nur noch vor die Füße gekippt. Magenspiegelung, drei Ärzte, 98 Meinungen, "wir machen die nicht auf". "Pantozol, Rizinusöl, die kommt wieder hoch, das ist nichts weiter schlimmes". Ich kam wieder hoch, ja, und hatte von da an Darmkrämpfe, die ich meinem ärgsten Feind nicht wünschen mag. Dazu ständige Muskelstrangentzündungen im Rücken und innerhalb von 3 Monaten ein massiver Gewichtsverlust von fast 30 Kilo. Meine Verdauungsprobleme wurden von meinem Hausarzt kommentiert mit "nehmen Sie doch Abführmittel!". Im August habe ich mir dann für Oktober 2010 einen Termin zur Darmspiegelung geholt, bin zuvor noch drei Wochen in den Urlaub gefahren und hatte die ganze Zeit das Gefühl, ich müsse dringend nach Hause.
Bei der Spiegelung wurde ein Tumor mit 8cm Durchmesser gefunden, der die Bauhinsche Klappe zerstört hatte. Tumorklassifizierung war III. Drei Tage nach Spiegelung OP (24 Lymphknoten wurden entfernt, einer war befallen), drei Wochen nach OP Port, zwei Tage später die erste Chemo. 12 Folfox-Chemos bis Anfang März 2011, dann großes Staging, alles gut, Frau Wente, kommen Sie in einem halben Jahr wieder. September 2011 wieder Staging, alles gut, März 2012 und September 2012 auch. Ab da einjähriger Stagingabstand. Was hab ich mich gefreut und gedacht, ich sei die Scheiße los....
8. September 2013 dann Einrücken zum stationären großen Staging für drei Tage. Und beim Aufsetzen des Schallkopfes für die Sono sagt die Maus nur noch "ach du scheiße" und der Oberarzt stottert und dreht den Bildschirm weg. Nach dem Lungenröntgen war ich sehr schnell und plötzlich ganz alleine und niemand wollte mir ein Ergebnis sagen, es hatte was von Horrorfilm, alle Türen zu, HALLOHALLOHALLO.... Leberbiopsie fand in tiefem Schweigen statt. CT ebenso. Ich weiß schon gar nicht mehr, wo ich noch überall war. Mammografie.... das frauenärztliche Konzil habe ich dann abgesagt, weil ich die Schnauze voll hatte und es auf die paar bescheuerten Metastasen ja nun wirklich nicht mehr ankommt.
An einem der Abende kamen sie dann, vorneweg der Professor mit schwimmenden Augen. ich hab gefragt, ob ich mein Testament machen muss, er "JA!" und wie ein Pfeil aus dem Zimmer raus. Alle dort mögen mich so gern, ich bin seit vielen Jahren Patientin, die Situation war so skurril, von da an traf ich auf heulende Schwestern, "Sie sind doch erst 49 und haben das nicht verdient, sie sollen doch leben!".... Schwester K. unübertroffen, ich liebe diese Frau "ENDLICH HEULST DU, ICH KOMME IN 15 MIN WIEDER UND DANN HEULST DU IMMER NOCH!. Liebevolle Gespräche und Umarmungen und langsam kam bei mir an, dass ich eine unkalkulierbare Lebenserwartung habe, die Lunge, die Leber, die Nieren, alles voller Metastasen ist, nicht mehr operabel, nichts mehr, Frau Wente, machen Sie sich eine schöne Zeit, tun sie das, was sie tun wollen, JETZT.

All das ist jetzt vier Wochen her. Ich habe mir ein Grab in einem Friedwald gekauft. Meine Kinder wissen Bescheid. Mein Freundeskreis stückweise auch. Ich gebe diese Info nur zögerlich, vorsichtig und möglichst persönlich weiter, will mein Gegenüber dabei sehen und mit ihm weinen. Nächsten Mittwoch gehe ich zur zweiten Runde der zweiten Chemo. Folfiri mit Antikörpern. Ich will es doch wenigstens versuchen. Es fällt mir unendlich schwer, aber ich halte durch. Mein Kopf spielt mir Streiche, nachts sehe ich den Tod an meinem Bett stehen. Der Husten ist mittlerweile so schlimm, dass ich mich auf die statiönäre Chemo freue, weil ich dort inhalieren kann und Sauerstoff bekomme.

Nichts wird mehr gut. Und doch... auch dieses, was jetzt passiert, hat einen Sinn. Es haben sich darauf Gespräche ergeben, von denen ich nie dachte, dass ich sie führen kann. Und eine neue Freundschaft zu einer lieben Frau, die sehr, sehr trägt. Ich konnte große Streitereien von vor einem Jahr beenden und mit der betreffenden Person meinen Frieden machen. Das Herz ist allmählich frei. Ich bin vor 10 Jahren aus der Kirche ausgetreten - jetzt werde ich wieder eintrete, weil ich Sehnsucht nach Halt und Glauben habe. Das Sterben habe ich akzeptiert. Natürlich weine ich noch viel, aber ich werde ruhiger. Und mache einfach meinen Frieden mit den Menschen, die mir am Herzen liegen. Meine Mutter weiß von all dem nichts, sie ist 81 und es würde sie umbringen.... ich will sie überleben. Die Kinder sind so stark und tapfer... sie sind 24 und 25 und die Problematik ist ja nicht neu für sie.

Es ist mein Lebensweg.

Vielleicht bin ich manchmal zynisch und ungerecht.... aber das Umfeld sagt, ich hätte mich zum positiven verändert, sei in mir ruhig.

Nächstes Jahr im Frühjahr möchte ich nach Florenz. Das packe ich, verdammt nochmal. Und wenn nicht, dann fliege ich halt als Geist über diese wunderschöne Brücke.

Hoffentlich habe ich Euch mit diesen Zeilen nicht verschreckt. Ich gehe anders mit meiner Krankheit um, bin sehr offensiv und sehr offen. Viele erschrickt es und sie flüchten. Aber die, die bleiben oder gar zurückkehren, die sind bei mir. Und sind die wahren Perlen meines Lebens.

Ich drücke Euch alle herzlich.
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